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Leitlinie S3 – Damm­schutz, Damm­schnitt

Was steht in der S3-Leitlinie?

Leitlinien sind Empfehlungen für das Klinikpersonal. Damit Schwangere/Eltern wichtige Aspekte daraus kennen, informieren wir darüber. Eltern wird wesentlich mehr Entscheidungsbefugnis eingeräumt als bisher. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung bei Klinikgeburten. Informiert zu sein bringt Gelassenheit. Das Personal merkt leicht, ob es mit informierten oder unwissenden Eltern zu tun hat.


LL = Aussagen der S3-Leitlinie, aus der Kurzfassung. Wir geben den Inhalt in nichtmedizinischer Sprache wieder. Wir zitieren und markieren mit „…“ und Ziffernangabe. Zu beachten sind sprachliche Feinheiten, wie der Unterschied zwischen „soll" und „sollte".
GreenBirth: Wir erläutern ohne den Anspruch der Vollständigkeit und ohne Gewähr. Alle Hervorhebungen, fett oder kursiv von Greenbirth.

Die Leitlinie trifft zwei Aussagen
8.13 - „Eine routinemäßige Episiotomie während einer spontanen vaginalen Geburt soll nicht durchgeführt werden.“ Zur Begründung wird angeführt, dass durch diesen Eingriff Verletzungen verursacht werden, die ohne Dammschnitt nachweislich seltener auftreten.
8.14.- „Wenn eine Episiotomie durchgeführt wird, soll diese mediolateral ausgeführt werden.“ Das bedeutet, der Dammschnitt soll in einem bestimmten Winkel ausgeführt werden.

stop saving perineum pixabay freeFoto: Pixabay free
Der Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) und Mother Hood e.V. stimmen dieser Empfehlung nicht zu.
In der Langfassung der Leitlinie ist die gemeinsame Stellungnahme abgedruckt. Es wird ersichtlich, welche Gefahren sie durch diese Empfehlung sehen.

Die gemeinsame Stellungnahme gipfelt in dem Satz: „Mother Hood e. V. und der AKF e. V. kritisieren daher die Empfehlung für eine Maßnahme, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die sexuelle Gesundheit der Mutter verletzt, deren Evidenzlage unzureichend dargestellt ist und für deren grundsätzlichen Nutzen ein Nachweis fehlt. Weitere Forschung zum grundsätzlichen Nutzen der Maßnahme wird gefordert. Die Empfehlung 8.14. kann gestrichen werden, da Empfehlung 8.13 für ausreichend erachtet wird.“

GreenBirth: Dammschnitte aus Routine werden, so hoffen wir, laut S3-Leitlinie nun der Vergangenheit angehören. Auch wenn Dammschnitte nicht mehr routinemäßig durchgeführt werden sollen, bleiben sie weiterhin empfohlen. Die Ausführungsart wird näher bestimmt: der Schnitt soll mediolateral ausgeführt werden.
Ein Dammschnitt aus Routine und/oder zur Beschleunigung der Geburt – ohne nachgewiesenen Nutzen – kommen einer Körperverletzung ohne Not und ohne Einwilligung gleich, die gegen Art. 2 Abs. 2 im Grundgesetz verstößt. Das Festhalten an dieser Körperverletzung ist ein Ärgernis von enormer Bedeutung und kann keinesfalls hingenommen werden.

Im Gegensatz dazu sind Dammverletzungen kleinere oder größere Gewebsrisse, die in aller Regel besser heilen als Schnitte.
Frauen sollten bei der Geburt eine aufrechte Haltung bevorzugen, weil sich dann das Becken mit seinen beweglichen Teilen optimal weiten kann. Daraus ergibt sich auch, dass Frauen die Geburt ohne Wehenmittel - d.h. ohne künstliche Beschleunigung - planen sollten und sie sich die Zeit und den Raum nehmen können, den sie brauchen.

Unsere Empfehlung fußt auf der Dissertation von Grudrun Nitsche. Ihre Forschung zum Dammschnitt wurde 2006 in der Uni-Klinik Groß Hadern (München) durchgeführt. Das beeindruckende Ergebnis: Dammschnitte, orientiert am Befinden des Kindes, führen bis heute an dieser Klinik zu Eingriffen unter 10 %. Diese Studie entspricht höchstem wissenschaftlichen Standard (randomisiert). Offensichtlich wurden entscheidende Studien nicht veröffentlicht und darum bei der S3-Leitlinienarbeit nicht berücksichtigt.

Unser Video (8 Min.) erläutert den Zusammenhang zwischen Geburtshaltung und Dammschutz. Darum empfehlen wir Ihnen, sich das Video bei YouTube anzuschauen.
GreenBirth hat dort auf einem eigenen Kanal sieben wichtige Themen veröffentlicht.

Leitlinie S3 – Allgemeine Informationen

11/2022

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