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Mutterpass – was ist Vor­sor­ge, was nicht?

Was nicht im Mutterpass steht und sehr wichtig sein kann

Im Mutterpass sind Richtlinien von Ärzten für Ärzte zusammengestellt. Es ist nicht vorgesehen, dass sich Eltern über den Mutterpass zu wichtigen Themen informieren können. Dennoch hat der Mutterpass eine hohe emotionale Bedeutung, weil das Mutterwerden von vielen tiefen Gefühlen begleitet wird.

gestresst pixabay freeFoto: Pixabay free
Den Mutterpass als einzige Informationsquelle für eine Schwangerschaft zu nutzen, kann zu Sorgen und Ängsten führen, weil die Besorgnisse der Ärzte und deren Wissen über all das, was passieren kann, auch die Eltern beunruhigt und in Sorge versetzen können.

So sind z. B. Tests leicht zu verkaufen, die für das Wachsen eines Kindes nicht erforderlich sind und mit sinnvoller Vorsorge nichts zu tun haben.
Mittlerweile sind Ärzte auch auf dem Gesundheitsmarkt tätig. Sie verkaufen Produkte, genannt Ige-Leistungen und pränataldiagnostische Tests.

Es ist fatal, dass im Mutterpass Vorsorgeuntersuchungen von andern Angeboten nicht unterschieden werden. Keine schwangere Frau kann erkennen, was Vorsorge ist und was nicht.

Wir haben 9 Punkte gefunden, die im Mutterpass fehlen:

1. Es fehlt die Transparenz darüber, was Vorsorge im Unterschied zur Pränataldiagnostik und zu IGe-Leistungen ist. Eine schwangere Frau braucht lediglich Vorsorge, um für sich und ihr Kind verantwortlich zu handeln

2. Es fehlen Informationen über das Recht auf die freie Wahl des Geburtsortes. Der Eintrag „extern" verschweigt, dass es in Kliniken neben dem arztgeleiteten Kreißsaal Hebammenkreißsäle und ambulante Beleggeburten gibt, Hausgeburten, Geburtshausgeburten und Geburten in Hebammenpraxen.

3. Es fehlt Information über die gleichberechtigte Vorsorge durch Hebammen.
Die Information, dass Hebammen „mitbetreuen", lässt die Hebamme als Anhängsel des Arztes erscheinen. Der Beruf ist jedoch eigenständig. Hebammen sind unabhängig vom Arzt handlungsbefugt bis hin zur Leitung einer Geburt auch in der Klinik.

4. Es fehlen Informationen, dass Hebammen die Kompetenz und das Recht haben, Geburten eigenverantwortlich zu begleiten. Nur im Falle von Komplikationen müssen sie sich von einem Arzt oder einer Ärztin Unterstützung holen. Für Ärztinnen und Ärzte hingegen besteht eine „Hinzuziehungspflicht". Das bedeutet, dass kein Arzt eine Geburt selbstständig leiten darf, ohne dass eine Hebamme dabei ist.

5. Es fehlt die Information, dass Frauen, die keine familiäre Unterstützung nach der Geburt haben, Anspruch auf Haushaltshilfe im Wochenbett (vor allem in den ersten 10 Tagen) haben. Das gilt auch dann, wenn die Frau einen Krankenhausaufenthalt braucht, wenn sie z. B. noch kleinere Kinder hat oder Alleinerziehend ist. Da der Arzt das verschreibt (die Hebamme verschreibt für die ersten 8 Tage), sollten Frauen die Information haben, zumal die Wochenbettzeit in der Klinik nach und nach von 10 auf 3 Tage verkürzt wurde.

6. Es fehlt die Information, dass schwangere Frauen/Eltern Rechte haben. Die stehen über dem Berufsrecht von Hebammen, Ärztinnen und Ärzten. Eltern tragen auch die Verantwortung für ihr Baby, dass seine Menschenrechte noch nicht selbst wahrnehmen kann.

Für Eltern bedeutet das, dass nichts ohne ihre ausdrückliche Zustimmung veranlasst werden darf. Sie dürfen zu allem, was ihnen nicht behagt, was ihr Geld kostet, ihnen die Gelassenheit nimmt, Bedenkzeit nehmen und NEIN sagen.

Vorsorge (durch Hebamme oder Ärztin/Arzt oder beide parallel) ist eine freiwillige Wahlleistung und wird von den Krankenversicherungen bezahlt. Ultraschall, Diabetestest und die meisten Tests/Screenings gehören nicht zur Vorsorge, können aber im Einzelfall sinnvoll sein.

Screening heißt wörtlich übersetzt „Aussiebung". Der deutsche Begriff "Reihenuntersuchungen" verschleiert die Zielsetzung dieser Untersuchungen. Die Entscheidung, ob diese diagnostischen Maßnahmen durchgeführt werden sollen, treffen alleine die Eltern. Tests können nicht heilen. Bei Verdachtsdiagnosen wird in der Mehrzahl der Fälle zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten, weil selten Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen.

7. Es fehlt die Information, dass ein Wechsel der Ärztin/des Arztes oder der Hebamme auch innerhalb des Quartals jederzeit möglich ist. Das ist gesetzlich geregelt.

8. Es fehlt die Information, dass jede Frau, die geboren hat, das Recht hat, eine Kopie des von der Hebamme dokumentierten Geburtsverlaufs ausgehändigt zu bekommen. Der kann sehr hilfreich sein, um eine Geburt, Medikamente, evtl. Interventionen und was zu ihnen geführt hat, später nachvollziehen zu können. Die Dokumentation des Geburtsverlaufs kann im späteren Leben von großer Bedeutung sein. Zur Vervollständigung der eigenen Unterlagen sollte der Geburtsbericht generell angefordert werden, auch wenn er 30 Jahre lang in der Klinik aufbewahrt wird.

9. Es fehlen Eintragsmöglichkeiten, um die Medikamente zu dokumentieren, welche das Baby während der Geburt über die Nabelschnur, durch Verabreichung an die Mutter, abbekommen hat. Babys können noch tage- und wochenlang auf Medikamente reagieren. Eine solche Eintragsmöglichkeit fehlt auch im Kinder-Untersuchungsheft.

10/2022

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